Im Kielwasser von „Köln“ gibt es teils durchaus kreative
Lösungsansätze für die negativen Begleiterscheinungen weitgehend
männlicher Einwanderung aus sicheren Drittstaaten in die
Kriminalitätsstatistik. Neben der an Frauen gerichteten - und auch
international Schlagzeilen produzierenden - Empfehlung der Kölner
Oberbürgermeisterin, einfach einen Arm Abstand zu potentiellen
Vergewaltigern zu halten, hat die Bundeskanzlerin unlängst zur
„Bekämpfung von Fluchtursachen“ aufgerufen. Ob sie zu den Fluchtursachen
beispielsweise auch die sicheren, demokratischen Verhältnisse im immer
wohlhabender werdenden Senegal zählt, wie es das amerikanische
Wall Street Journal letztes Jahr getan hat, wäre herauszufinden, wenn die deutschen Medien ihrer Berufung nachkämen und der Kanzlerin kritische Fragen stellten.
Julia Klöckner allerdings, die ebenfalls der vermerkelten CDU
angehört, ist weniger einfallsreich - vielleicht auch wenig hilfreich -
vorgeprescht
mit ihrer Forderung
nach einer Integrationspflicht von Zugereisten aus
integrationsbedürftigen Kulturkreisen. Unkreativ ist ihr Vorschlag
deswegen, weil er lediglich die Steigerung eines bereits lange
etablierten Prinzips ist, welches im Deutschland des Jahres 6 nach
Sarrazin den einzigen Fortschritt in der Debatte um die Probleme des
real existierenden Multikulturalismus darstellt, nämlich das
Eingeständnis aller Parteien, dass „Integration“ nicht nur theoretisch
wünschenswert, sondern praktisch geeignet ist, um sämtliche Probleme der
jetzigen und zukünftigen Parallel- und Gegengesellschaften zu lösen.
Dass diese Probleme bereits vor Merkels Entscheidung, ganze Völker nach
Deutschland einzuladen, existierten, scheint ihrem Optimismus keinen
Abbruch zu tun. Es ist wie damals: Die Welt zu Gast bei Freunden. Sie
wissen schon.
Der Erfolg der Integrationsrhetorik deutscher Politiker kann nur
schwer bezweifelt werden. Sie ist schließlich auch ideal geeignet, um
den mäßig informierten und vermutlich durch Erwerbstätigkeit belasteten
Wähler einzulullen, indem ihm vorgespielt wird, dass sämtliche Probleme,
die mit Zugereisten aus bestimmten Kulturkreisen assoziiert werden -
von Köln bis Neukölln sozusagen - sich in Luft auflösen werden, sobald
von der Politik das Prinzip der „Integration“ in die Realität
herabgeseilt bzw. par ordre de Mutti dekretiert wird. Der
durchschlagende Erfolg dieses Paradigmas ist allenthalben vernehmbar,
etwa wenn die frauenpolitische Sprecherin der GRÜNEN im Bundestag, Ulle
Schauws, mit den Worten zitiert wird, die Sexattacken in Köln hätten
auch mit „
verpasster Integration“ zu tun.
Währenddessen empfiehlt der hessische Scherzkeks Thorsten
Schäfer-Gümbel von der SPD seinem CSU-Kollegen Andreas Scheuer „dringend
einen Integrationskurs“ zu besuchen „
um etwas über unser Grundgesetz zu erfahren“. Die Autorin und Moderatorin Amelie Fried hat
noch konkretere Vorstellungen:
„Wenn wir es schaffen, diese Menschen gut in unser Land zu integrieren,
[werden wir] eines Tages mehr von ihnen [zurückbekommen], als wir ihnen
jemals gegeben haben.“ Zumindest was das Geben betrifft ist ihr Andrea
Nahles ein paar Schritte voraus. Sie fordert für ihr Ressort
500 Millionen zusätzliche Euro,
um dem Ansturm Herr zu werden. Sie kommentiert das so: „Zum Nulltarif
können wir die Flüchtlinge nicht integrieren.“ Tja, so ist das halt.
Integration ist das mittlerweile bewährte, säkulare Heilsversprechen
eines durch den demographischen Fleischwolf gedrehten Deutschlands.
Macht euch keine Sorgen um die Neuen, beschwört uns die politische
Klasse, die werden sich alle integrieren! Wir müssen nur genug Geld dazu
bereitstelle - ich meinte natürlich: investieren! Denn wir kriegen das
ja alles tausendfach wieder zurück!
Fragwürdig bleibt, ob die Neuen überhaupt Anlass dazu haben, sich
integrieren zu wollen. Die meisten unserer Politiker sind unkritisch dem
Glauben verfallen, dass sämtliche Individuen in den zivilisatorisch
weniger kompetenten Weltteilen den westlichen Lebensstil imitieren
wollen und, da das in den Heimatländern offenbar nicht immer möglich
ist, deshalb in westliche Länder strömen. Es muss zunächst offen
bleiben, ob nicht ein ganz anderes Phänomen für die Migrationswellen
verantwortlich ist, etwa die Möglichkeit, in Ländern wie Deutschland von
Freiheit und Wohlstand zu profitieren, ohne dabei die eigene
Lebensweise ändern zu müssen, während die des Westens gleichsam
weiterhin ungestört verachtet werden kann. Aber dazu später mehr.
An dieser Stelle muss der Autor nämlich zunächst eingestehen, dass er
die als eierlegende Wollmilchsau angepriesene „Integration“ der
Neuankommenden für weitgehend illusorisch hält. Verantwortlich hierfür
sind vier Hindernisse: Erstens, die Umdeutung des Integrationsbegriffs
im politischen Diskurs, zweitens, der Abbau von
Integrationsnotwendigkeiten, drittens, die quantitativen, und
schließlich, viertens, die qualitativen Bedingungen der vorgeschlagen
Integration.
Die Umdeutung des Integrationsbegriffs hat ihren Ursprung in den
medial nicht vollständig totschweigbaren sozialen, kulturellen, und
politischen Problemen, die in Deutschland durch die Zuwanderung der
Vergangenheit entstanden sind und durch nicht hinreichend
konformistische Querdenker, von Thilo Sarrazin bis Güner Balci,
thematisiert wurden. Dem öffentlichen Zuspruch, den diese alarmistischen
Stimmen erhalten, zuweilen untermauert durch millionenschwere
Buchauflagen, konnte sich die deutsche politische Klasse damals wie
heute nur schwer entziehen. Dementsprechend hat man sich quasi
überparteilich geeinigt, die Probleme würden dadurch in Ordnung kommen,
dass eine irgendwie geartete „Integration“ stattfinden werde. Womit man
freilich zu einem neuen Problem gelangt, nämlich der Frage, wie dieser
Integrationsbegriff zu definieren, und wer für dessen praktische
Umsetzung verantwortlich ist.
Das unbescholtene deutsche Bürgertum, das sich für Zukunftsfragen in
der Regel interessiert, glaubt unter dem Integrationsbegriff zu
verstehen, dass Eingewanderte sich in die Mehrheitsgesellschaft
integrieren sollten. Streng genommen handelt es sich bei diesem so
verstandenen Prozess um Assimilation, also, noch strenger genommen, um
eine von den Immigranten zu erbringende Imitation und Absorption der
„Werte“ der Autochthonen. Dummerweise teilen Deutschlands Politiker
diese Definition der von ihnen repräsentierten Bürger nicht unbedingt.
Vielmehr wird sie gerne auf den Kopf gestellt, indem dem deutschen
Staat, als Spiegelbild der Gesellschaft, die Verantwortung zugeschrieben
wird, die Integration von Migranten dadurch besorgen zu müssen, dass er
ihre aus den Herkunftsländern mitgebrachten Gepflogenheiten möglichst
kulant akkommodiert.
So berichteten die Stuttgarter Nachrichten vor knapp zwei Jahren über
die mit Rücksicht auf die muslimische Bevölkerung beschlossene
Aufhebung der Sargpflicht in Baden-Württemberg. Da dieser Beschluss
rhetorisch in den Dienst der umdefinierten und staatlich zu besorgenden
„Integration“ gestellt werden konnte, herrschte „seltene Eintracht im
Landtag“, waren sich doch „alle Fraktionen […] einig“. Konsequenterweise
„lobten alle Redner das Papier als Meilenstein für die Integration“,
während der SPD-Abgeordnete Thomas Reusch-Frey mit der folgenden,
bemerkenswerten Sprechblase punkten konnte: „
Integration darf nicht mit dem Tod enden.“
Nun habe ich prinzipiell nichts gegen die Aufhebung der Sargpflicht.
Allerdings wäre es schön, wenn mir das Ganze nicht als Maßnahme zur
Integration verkauft würde, sondern als das was es ist: ein staatlicher
Anpassungsakt. Wer integriert sich hier eigentlich? Und in was? Durch
die Umdeutung des Integrationsbegriffs wird echte Integration unmöglich
gemacht. Das Resultat ist eine Einbahnstraßenintegration, besorgt durch
einen Staat mit Tunnelblick. Das jüngste Beispiel dieses Objekt und
Subjekt vertauschenden Integrationsprojekts liefert uns
der Hamburger Professor Thomas Strothotte
mit dem Vorschlag, in deutschen Schulen neben Deutsch auch Arabisch als
Unterrichtssprache bis zum Abitur zwangsweise einzuführen. Der Wille
zur totalen Integration, nur eben andersherum.
Damit wären wir beim zweiten Hindernis angelangt, dem Fehlen von
Integrationsnotwendigkeiten. Dass diese einen positiven Effekt auf die
Integration von Immigranten haben könnten, ist vielen Politikern
sicherlich ein Dorn im Auge, zumindest insofern als deren ideologische
Überzeugungen im Überwinden sämtlicher menschlicher Notwendigkeiten
durch einen hemmungslos-aktivistischen Staat bestehen. Jedenfalls steht
festzuhalten, dass die erfolgreichste Integrationsmaschine der
Weltgeschichte, die Vereinigten Staaten von Amerika, ihre Einwanderer
immer desto besser integrieren konnten, je weniger der Staat für sie
tat, je größer die schiere Notwendigkeit des individuellen Erbringens
von Integration war.
Ein schönes Beispiel für diese erfolgreichste aller
Integrationsstrategien ist ein Brief aus dem Jahre 1819 von John Quincy
Adams, damals amerikanischer Außenminister und späterer Präsident, an
einen Bürokraten aus Deutschland, der sich mit dem Ansinnen, nach
Amerika auszuwandern, an Adams gerichtet hatte und mit diesem Ansinnen
unverschämterweise die Forderung verband, man möge ihm von Seiten des
amerikanischen Staats doch bitte eine Anstellung anbieten. Adams‘
Antwort, welche die amerikanische
Nachrichtenseite Federalist ausgegraben
hat, hat es in sich: „Die amerikanische Regierung hat nie Maßnahmen
ergriffen, um Emigranten aus Europa zu ermutigen oder einzuladen. Sie
hat nie dazu angestiftet, Bürger anderer Staaten anzuregen, ihrem Land
den Rücken zu kehren und Bewohner dieses Landes zu werden. […] Weder die
Regierung des Bundes, noch jene der einzelnen Staaten, sind unkundig
bezüglich des Zusatzes an Stärke und Wohlstand, der unserer Nation dank
der Aufnahme einer Masse von gesunden, fleißigen, und frugalen Arbeitern
zuteil wird. Bewusst sind wir uns auch der großen Vorteile, welche
diesem Land widerfuhren, und weiterhin widerfahren, aufgrund der
Einwanderung solcher Adoptivkinder aus Deutschland.“
„Aber es gibt ein Prinzip, das alle Institutionen dieses Landes
durchsetzt, und das immer als Hindernis für die Vergabe von Privilegien
an Neuankommende wirken wird. Dies ist ein Land nicht der Privilegien,
sondern gleicher Rechte. Privilegien werden von europäischen Monarchen
an bestimmte Klassen von Individuen vergeben […] aber die allgemeine
Wahrnehmung hier ist, dass Privilegien, verliehen an eine Gruppe, nur
schwer unterschieden werden können von der Erosion der Rechte anderer.“
„Emigranten aus Deutschland, oder anderswo, sollten daher, wenn sie
hierher kommen, keine Gefälligkeiten von den Regierungen erwarten. Sie
können erwarten, wenn sie Staatsbürger werden, die gleichen Rechte zu
genießen wie hier Geborene. […] Sie kommen in ein Leben in
Unabhängigkeit, aber auch ein Leben der Arbeit - und, wenn sie sich an
den moralischen, politischen, und physischen Charakter dieses Land nicht
anpassen können, mit all seinen sich ausgleichenden Stärken und
Schwächen, dann steht ihnen immer der Atlantik offen, um in das Land
ihrer Geburt und ihrer Väter zurückzukehren. Um eine Sache sollten sie
sich Gedanken machen, wenn sie in Amerika ihr Glück zu finden versuchen.
Sie müssen ihre europäische Haut abstreifen, für immer. Sie müssen nach
vorne in die Zukunft schauen, und nicht zurück zu ihren Vorfahren.“
Es ist genau Adams‘ laissez-faire-Ansatz zum Thema Integration, der -
schwanger mit unangenehmen Notwendigkeiten — aus den Vereinigten
Staaten den weltbekannten Schmelztiegel gemacht hat. Und wenn wir in den
letzten Jahrzehnten eine stärkere Balkanisierung der USA beobachten
konnten, so ist das - wenn auch nicht ausschließlich - darauf
zurückzuführen, dass die amerikanische Bundesregierung seit den 60er
Jahren großzügige Wohlfahrtsprogramme aufgesetzt hat, die denen der
europäischen Sozialstaaten nicht unähnlich sind. Je mehr Geld vom Staat
kommt, desto weniger notwendig wird die Integration, insbesondere in den
Arbeitsmarkt, wo die Landessprache oft gut zu erlernen ist - nicht
zuletzt deshalb, weil sie notwendigerweise erlernt werden muss.
Zuviel staatliche Zuwendung wäre schon in der Zeit John Quincy Adams‘
problematisch für die Integration gewesen. Heute sieht die Sache noch
schlimmer aus, denn durch Internet, Satellitenfernsehen, und
mobil-globale Kommunikation ist es möglich geworden, in einer westlichen
Gesellschaft zu leben, ohne ihr anzugehören, von Wohlstand und Freiheit
zu profitieren, ohne zu partizipieren, den Schutz der staatlichen
Ordnung zu genießen, ohne einen Beitrag zu ihrer Aufrechterhaltung zu
leisten. Bestärkt werden solche Tendenzen freilich noch, wenn die als
Enklaven zu bezeichnenden Parallel- und Gegengesellschaften durch noch
weitere Zuwanderung vergrößert werden, womit dann sämtliche
Integrationsnotwendigkeit unwiederbringlich weggefallen ist, da nun auch
die Interaktion im eigenen Stadtviertel keine linguistische
Herausforderung mehr darstellt - von „Werten“ ganz zu schweigen.
Womit wir beim dritten Integrationshindernis angelangt wären, dem
quantitativen Faktor. Bereits vor der merkelschen Masseneinwanderung
über die Asylgesetzgebung seit 2015 hat es in Deutschland, insbesondere
in Großstädten, Schulklassen mit nur wenigen, oder oft auch gar keinen,
„biodeutschen“ Schülern gegeben. Wie wird es aussehen, wenn die neuen
Zuwanderer per Familiennachzug ihre Frauen und Kinder - oder wer auch
immer von den Behörden als solche anerkannt wird - nach Deutschland
holen? In der Abwesenheit von Integrationskatalysatoren, also
Muttersprachlern und Trägern westlicher Zivilisation, wird es das
deutsche Schulsystem schwer haben, dem neuen „Nachwuchs“ deutsche
Sprache und europäische Kultur nahezubringen - auch hier: von „Werten“
ganz zu schweigen.
Was die Zahlen betrifft, sollte man auch das relative Verhältnis von
Männern zu Frauen in den ankommenden Migrationswellen nicht außen vor
lassen, schließlich hat ein Männerüberschuss - insbesondere ein
Jungmännerüberschuss - negative Auswirkungen auf den sozialen Frieden
und auf die Sicherheit von Frauen. Wer sich
in der australischen Presse schlau macht
(und das muss man heute offenbar), der weiß, dass Deutschlands „young
adult“ Kohorte bereits jetzt auf eine „gender imbalance“ von 114 Männern
zu 100 Frauen geschätzt wird (während in Schweden auf 100 Mädchen 123
Jungen kommen). Falls Sie sich fragen sollten, warum sie solche
interessanten Fakten nie von den deutschen Medien erfahren, verweise ich
Sie hiermit auf ein frisches
Zitat von Peter Sloterdijk: „Der Lügenäther ist so dicht wie seit den Tagen des Kalten Krieges nicht mehr.“
Es ist vollkommen unabsehbar, wann genau ein Punkt erreicht ist, an
dem die Zuwanderungszahlen schlicht zu groß sind, um Integration zu
bewerkstelligen, wenn der deutsche Staat mit all seinen Muskeln nicht
mehr Herr über die Massenmigration zu werden vermag. Über den Untergang
Roms
schrieb unlängst der Historiker Alexander Demandt:
„Man liest von Dekadenz, von einer im Wohlstand bequem gewordenen
Gesellschaft, die das süße Leben des Einzelnen erstrebte, aber den
vitalen und aktiven Germanenhorden nichts entgegenzusetzen hatte, als
diese, von der Not getrieben, über die Grenze strömten. Überschaubare
Zahlen von Zuwanderern ließen sich integrieren. Sobald diese eine
kritische Menge überschritten und als eigenständige handlungsfähige
Gruppen organisiert waren, verschob sich das Machtgefüge, die alte
Ordnung löste sich auf.“
Befände sich in jeder deutschen Schulklasse nur ein einziges
Zuwandererkind, müsste man sich um Integration keine Sorgen machen. Sie
würde sich aus reiner Notwendigkeit, quasi aus quantitativer
„Alternativlosigkeit“ einstellen. Doch zwei Faktoren stehen dem im Wege.
Erstens bevorzugen Zuwanderer aus nachvollziehbaren Gründen das Leben
in der Großstadt, in der es normalerweise schon eine etablierte
Gemeinschaft von Landsleuten gibt. In solchen Gegenden kommt es dann
dazu, dass Schüler der öffentlichen Schulen mehrheitlich
Einwandererkindern sind. Zweitens versteht es das hippe, biodeutsche
Milieu, aus gleichsam nachvollziehbaren Gründen, ihre Kinder von
„Problemschulen“ im Kiez abzuziehen und auf besseren, notfalls auch
privaten, Schulen unterzubringen. Wer den deutschen
Zukunftsausblick des
Autors dieser Zeilen gelesen hat, wird verstehen, warum es in
Deutschland demnächst zu einem Boom im Gewerbe der Privatschulen kommen
könnte - entsprechende Investitionen seien hiermit wärmstens empfohlen.
Schließlich sind wir beim letzten Integrationshindernis angelangt,
den qualitativen Bedingungen erfolgreicher Integration. Das Problem
lässt sich nicht leicht mit Fakten oder Zahlen erklären, es handelt sich
letztendlich um das zivilisatorische Selbstbewusstsein der
Aufnahmegesellschaft. Eine Nation, die Fremden Integration abverlangen
möchte, muss sich selbst als integrationswürdig betrachten und achten.
Nur wer selbst an der Überlegenheit der eigenen Lebensweise keine
Zweifel hegt, kann auch im Auge des Fremden zu einem berechtigten Modell
für Imitation und Integration werden.
Ein gutes Beispiel für den zivilisatorischen Selbsthass, der
Integration in Europa so schwierig macht, ist der stets für allerlei
politische und kulturelle Defizite in nicht-europäischen Ländern
Verständnis aufbringende Jürgen Todenhöfer. Indem er quasi sämtliche
Verfehlungen, die auf diesem Erdbal - aber insbesondere in der
islamischen Welt - anzutreffen sind, dem vergangenen oder gegenwärtigen
Einfluss westlicher Länder zuschreibt, entlässt er die Träger der
entsprechenden Zivilisationen aus der Verantwortung für Verfehlungen,
die oft strukturell-kultureller Natur sind. Wie kann sich ein in
Deutschland ankommender syrischer Flüchtling zur Integration
aufgefordert fühlen, wenn ein Todenhöfer ihm mit sanfter Stimme erzählt,
mit seiner Kultur sei alles vollkommen in Ordnung, der Krieg in seinem
Heimatland sei von Israel oder den USA angezettelt, und der Westen sei
überhaupt eine ziemlich üble Verschwörung gegen alles Gute und Reine in
der Welt? Die Überlegenheit der kulturellen und politischen Prinzipien
der westlichen Zivilisation leugnend, machen Deutsche wie Jürgen
Todenhöfer eine Farce aus der - wohl auch von ihnen? - angestrebten
„Integration“. Ob sie sich gegenüber der arabischen Welt dem „weichen
Rassismus niedriger Erwartungen“ schuldig machen, muss zunächst offen
bleiben.
Viele Leser werden sich an dieser Stelle fragen: „Zivilisatorische
Überlegenheit? Ist das nicht ziemlich Nazi?“ Dem muss ich
entgegenhalten, dass zivilisatorische Errungenschaften keine subjektiven
„Werte“ sind, sondern objektiv messbare Verbesserungen des Wohlergehens
des Menschen im Einklang mit seiner Natur. Ob es sich um Toleranz
gegenüber Pluralismus und Meinungsfreiheit, Eigentumsrechte, die
Emanzipation der Frau, oder um medizinische Versorgung handelt - überall
hat der Westen die Nase vorn. Aus diesem Grund möchten viele Nigerianer
gerne in Norwegen leben, aber nicht viele Norweger in Nigeria.
Zudem ist festzuhalten, dass zivilisatorisches Selbstbewusstsein -
als gesunder Mittelpunkt zwischen dem zivilisatorischen Sadismus der
Nationalsozialisten und dem zivilisatorischen Masochismus des
grün-postmodernen Milieus — den natürlichen Zustand einer Nation
darstellt. Wenn man nicht an die Richtigkeit der eigenen Lebensweise
glaubt, warum übt man sie dann aus? Warum nicht in die Ferne schweifen
und chinesischen Konformismus oder arabischen Fanatismus adoptieren?
Warum „dient“ Claudia Roth noch im Bundestag, wenn sie sich längst im
Iran von der Revolutionsgarde malträtieren lassen könnte?
Nein, wer Integration einfordert muss seine eigene Kultur auch
selbstbewusst vertreten. Wenn der oben zitierte John Quincy Adams von
Deutschen Einwandern forderte, sie sollen „ihre europäische Haut
abstreifen“, so stand der Mann auf einem soliden Fundament aus
Zuversicht und kulturellem Selbstvertrauen. Aber können Sie sich
vorstellen, dass Claudia Roth - oder meinethalben auch Angela Merkel -
einen anerkannten Asylbewerber aus Syrien beschwört, er möchte doch
bitte seine „arabische Haut abstreifen“?
Sie kennen die Antwort. Ich derweil kann meinen deutschen Landsleuten
nicht das Recht absprechen, ihre eigene Zivilisation zu verachten. Nur
muss ich darauf bestehen, dass sie dann auf keinen Fall der Illusion
verfallen sollten, sie könnten je ein „Einwanderungsland“ sein, ohne
dabei das preiszugeben, was zu verachten sie so stolz macht.
Moritz Mücke studiert Politik an der Graduiertenschule des
Hillsdale College in Michigan. 2015 ist er ein Publius Fellow am
Claremont Institute.
Quelle: http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/jetzt_mit_deutscher_illusionsnummer_das_grosse_integrationsquiz